Gran Canaria ist die Insel mit dem besten Klima der Welt. Diese selbstbewusste Eigenwerbung stößt auf wenig Widerrede. Im Gegenteil, persönliche Erfahrungen und wissenschaftliche Untersuchungen unterstreichen diese Behauptung. Und dass das beste Klima der Welt gut für die Gesundheit ist, ist nachvollziehbar. Milde Temperaturen, saubere Luft und erfrischendes Meerwasser sind die Zutaten für das, was wir heute Wellness-Urlaub nennen.
Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wusste man in England vom gesundheitsfördernden Klima der Kanaren. Drei britische Ärzte, James Clark, William White Cooper und William Robert Wilde, waren die ersten, die über die „klimatherapeutischen Eigenschaften“ auf Teneriffa schrieben. Der französische Politiker Gabriel Belcastel bezeichnete 1859 das Fischerdorf Puerto de la Cruz im Norden Teneriffas als idealen Platz für ein „Health Resort“. Für viele Historiker war das die Geburtsstunde des Tourismus der Kanaren.

Sir William Robert Wilde
Vater des weltberühmten Schriftstellers
Oscar Wilde
Im 19. Jahrhundert war das, was wir heute Tourismus nennen, etwas exklusives, Großbürgertum und Kleinadel vorbehalten. Nur wer über genug Geld und Zeit verfügte, konnte zum Vergnügen, oder eben der Gesundheit zuliebe, Reisen unternehmen. Im auslaufenden 19. Jahrhundert kamen Kuraufenthalte groß in Mode, Heilbäder und Luftkurorte wurden in ganz Europa eröffnet und versprachen Linderung bei allen möglichen Beschwerden. Natürlich spielten Service, entspannte Atmosphäre, Aktivitäten mit anderen Kurgästen und Patienten eine große Rolle, sowohl bei der Linderung der Beschwerden als auch bei der Beliebtheit der Kurorte.
Das beste Klima der Welt
Dr. Klaus Möbius
Damals noch exklusiv
Die Kanaren hatten schon damals einiges zu bieten, was auf dem europäischen Festland schwer zu finden war. Vor allem in der kalten Jahreszeit waren die kanarischen Health Resorts konkurrenzlos. Andererseits waren sie zu weit von Europa entfernt, um massenhaft Kurgäste anzuziehen. Ein paar historische Zahlen belegen das: 1895 zählten die Kanaren 5.000 Besucher, vor allem Engländer, während im selben Jahr 90.000 Touristen nach Italien fuhren, oder beispielsweise im Jahr 1890 allein in Nizza 100.000 Urlauber gezählt wurden.
Damals entstand ein Sonderfall innerhalb des Tourismus, der sich bis heute gehalten hat: Das Überwintern im warmen Süden. Auch das war nur gut betuchten Zeitgenossen zugänglich, vor allem Rentnern.
Compañía de Hoteles y Sanatorium del Valle de Orotava
Den Beginn des modernen Tourismus auf den Kanaren markiert die Gründung der Compañía de Hoteles y Sanatorium del Valle de Orotava auf Teneriffa. Das Orotava Grand Hotel, damals besser bekannt als Sanatorium, eröffnete am 12. September 1886. Zwei Jahre später entstand die Grand Canary Company, die für den Bau des Hotels Santa Catalina in Las Palmas verantwortlich zeichnete. In dieser Zeit wurden auch das Hotel Metropol und das Hotel Santa Brígida eröffnet. Im Metropol ist heute ein Teil der Stadtverwaltung untergebracht, in Santa Brígida werden zukünftige Hotelfachkräfte ausgebildet.

Im 19. Jahrhundert kamen fast ausschließlich Engländer auf die Kanaren, um Heilung und Gesundheit zu suchen. Das änderte sich in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, als die Deutschen die Kanaren für sich entdeckten. Ausschlaggebend waren deutsche Unternehmer, die vor allem auf Teneriffa ins Hotelgeschäft einstiegen. So wurde das Hotel Taoro in Puerto de la Cruz 1905 von der Kurhaus Betriebs Gesellschaft erworben, bis 1911 hieß es sogar vorübergehend Kurhaus Humboldt. Khristian Trenkel leitete drei weitere Hotels auf Teneriffa, während J.M. Knörnschild das Hotel Metropol in Las Palmas übernahm.


Eine bedeutende Rolle im Gesundheitstourismus in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts spielten Heilbäder. Vor allem auf Gran Canaria, wo mindestens sieben die heilenden Kräfte der mineralhaltigen Quellen nutzten. Heute gibt es kaum fließendes Wasser auf Gran Canaria, doch vor 100 Jahren sprudelte es aus zahlreichen Quellen.
Wirtschaftliche Überlegungen und die Sicherstellung der Versorgung führten gegen Mitte des Jahrhunderts zum Bau zahlreicher Staumauern, den Heilbädern wurde dadurch buchstäblich das Wasser abgegraben. Das Wasser wird immer knapper, nur dank Entsalzungsanlagen kann heute der Bedarf gedeckt werden.
Die sieben Heilbäder, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den touristischen Attraktionen zählten, gehörten zweifellos zu den ersten Opfern der Wasserknapp-heit auf Gran Canaria. Die privat betriebenen Kuranstalten hatten allerdings auch unter den Wirren der Weltkriege, den Wirtschaftskrisen und dem spanischen Bürgerkrieg zu leiden. Der Tourismus war in diesen schweren Zeiten nicht das wichtigste Thema für die Gesellschaft, und das Reisefieber des Wirtschaftswunders nach dem Krieg kam für die Heilbäder auf Gran Canaria zu spät.
So können wir heute nur noch auf die Ruinen zurückblicken, die als Zeugnis einer kurzen Epoche des Gesundheitstourismus auf Gran Canaria dem Verfall preisgegeben sind. Die historischen Bauten sind ein Beispiel für den Stellenwert, den das Wasser auf dieser regenarmen Insel hatte und noch immer hat. Die Lage der früheren Heilbäder zeigt aber auch die wasserreichsten Gegenden auf Gran Canaria, und in ihrer Nähe erinnern kleine Bäche an das Element, mit dem hier vielen Menschen geholfen wurde, Gesundheit und Wohlbefinden zu erlangen.
Nicht nur Wasser wurden auf Gran Canaria heilende Eigenschaften zugeschrieben. In den 1960er Jahren, als das wertvolle Element bereits knapp wurde, entstand im Süden der Insel das Zentrum für Heliotherapie. Es wurde vom Italiener Eduardo Filiputti in den Dünen von Maspalomas errichtet und baute auf die gesundheitsfördernde Wirkung der Kombination von Sonne und Sand. 1990 musste die Einrichtung aus dem inzwischen zum Naturschutzgebiet erklärten Dünen entfernt werden.

Gran Canaria hat eine lange und vielfältige Geschichte im Bereich des Gesundheitstourismus. Die Insel kann aber auch einer erfolgversprechenden Zukunft entgegenblicken. Wer heute ganzheitliches Gesundheitskonzept meint, spricht von Wellness und aus dem Heilbad ist das Spa geworden. Das Klima der Kanaren, Infrastruktur und Sicherheit, weniger als 5 Stunden Flugzeit aus Mitteleuropa und nicht zuletzt die vielen medizinischen und gesundheitsfördernden Einrichtungen machen Gran Canaria auch im 21. Jahrhundert zu einer unvergleichlichen Destination für alle, die ihrer Gesundheit was Gutes tun wollen.